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Geschrieben von Tobias am 08.03.2010 um 21:53:

  Französische Zivilarbeiter

Abend zusammen,

ich suche Informationen über Unterlagen von französischen Kriegsgefangenen die später zu Zivilarbeitern wurden.

Kann mir einer sagen, was die Fremdarbeiter alles machen mussten (Anträge etc.) um als Zivilarbeiter zu zählen?

Welche Anträge mussten die Arbeitgeber stellen?

Wo wurden sie überall registriert?

Wer hat schonmal beim durchforschen von (Regional-)Archiven Unterlagen über in der Heimat stationierten Gefangene gefunden und kann sich näher daran erinnern?

Das einzig mir bekannte ist die Ausländermeldekartei.

Benötige die Angabe für die Suche nach einem franz. Fremdarbeiter.


Gruß
Tobias



Geschrieben von Ricard am 20.03.2010 um 14:27:

  RE: Französische Zivilarbeiter

Hallo, Tobias,

aus: Zwangsarbeit und Kriegsgefangenschaft in der NS-Zeit an der Niederelbe von Bohmbach/Kahrs

"Um bei den Kriegsgefangenen die einengenden Bestimmungen des Völkerrechts zu umgehen, wurden Kriegsgefangene
vielfach pauschal in den Zivilstatus versetzt und galten dann als Zivilverschleppte ohne rechtlichen Schutz."

Ich denke, die Begrifflichkeiten lassen sich nicht so leicht trennen. Ein Kriegsgefangener wurde ziviler Zwangsarbeiter.
Die Zivilarbeiter, die angeblich z. B. in Polen angeworben wurden, sind teilweise von der Straße weg "eingefangen" und verschleppt
worden oder innerhalb von Familien mußte mindestens eine Person in die Zwangsarbeit.

Ich habe in einem Archiv einige Unterlagen eingesehen von französsichen Kriegsgefangenen.
Von jedem Zwangsarbeiter wurde eine Karteikarte mit Foto angelegt (die Gebühr für das Foto mußte vom Arbeiter bezahlt werden).

Die Kriegsgefangenen gehörten zu einem bestimmten Lager. Aus den Lagern wurden sie in Arbeitstrupps oder -kommandos in die Umgebung verlegt.
Haben dort tlw. auf dafür umfunktionierten Kegelbahnen von Gasthäusern oder in kleineren Lagern geschlafen.
Von diesen Unterkünften wurden sie unter Bewachung von Landesschützen zu ihrem Arbeitseinsatz gebracht.

Eine Registrierung hat meines Erachtens folgendermaßen stattgefunden:
Gruß - Ricard



Geschrieben von JANE am 20.03.2010 um 17:59:

  Kriegsgefangene und Zivilarbeiter

Hallo Tobias,

es ist möglich, dass die Registrierung der Kriegsgefangenen regional unterschiedlich gehandhabt wurde.
In meiner Region waren die Arbeitsämter in Zusammenarbeit mit den Gemeinden, den Ortsbauernführern und den Kreishandwerkerschaften für die Verteilung der Kriegsgefangenen zuständig.
So war das Bürgermeisteramt und die Polizeistationen auch für die Auflistungen der Namen zuständig.

Ãœbrigens: Zwischen den Kriegsgefangenen und Zivilarbeitern verlief keine klare Trennungslinie.
In der Regel erhielten die zur Zwangsarbeit eingesetzten Kriegsgefangenen nach einer gewissen Zeit den Status von Zivilarbeitern.
Bei den „Ostarbeitern“ gab es kaum einen Unterschied, es war egal ob sie sich nun Kriegsgefangene oder Zivilarbeiter nannten.
Der Unterschied bestand vielfach „nur“ in der Bewachung. Die Kriegsgefangenen unterstanden der Wehrmacht, die Zivilarbeiter der Gestapo.

Ich habe erst vor wenigen Tagen in unserem Stadtarchiv jede Menge Unterlagen zu den Zwangsarbeitern (auch Franzosen) gefunden.
Dort geht immer wieder aus den Unterlagen hervor, dass die Namen der Kriegsgefangenen durch die Arbeitsämter und Arbeitgeber, aber auch durch die Polizei zu den Bürgermeisterämtern bzw. Stadtverwaltungen gelangte.
Ich habe aber auch eine Auflistungen gesehen, wo nur die Personenzahlen angegeben waren.
Auf den Unterlagen war lediglich noch die Nationalität und das Geschlecht vermerkt. Darunter stand: „Namen der Insassen sind nicht bekannt“

Es handelte sich um Kriegsgefangene die in großer Zahl aus Sandbostel angefordert wurden.

Gruß
Jane



Geschrieben von Tobias am 23.03.2010 um 16:17:

 

Hallo Jane,
hallo Ricard,

vielen Dank für die Informationen. Ich werde mich aber erst die nächsten Tage wieder damit befassen können. Melde mich hier dann.

Gruß
Tobias



Geschrieben von Ricard am 25.03.2010 um 00:05:

 

Hallo, Tobias,

Ergänzung:

Ab Anfang März 1940 wurden (polnische) "Arbeitskräfte" sofort nach Verlassen des Transportzuges durch die Arbeitsämter erfasst.


Lt. Schnellbrief des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei an den Reichsarbeitsminister vom 08.03.1940

Ein Exemplar der Arbeitskarten ging an die Polizei, ein Exemplar an das Reichssicherheitshauptamt in Berlin.
Dort wurden in einer Zentralkartei alle ZivilarbeiterInnen erfasst.


Gruß Ricard



Geschrieben von Tobias am 25.03.2010 um 17:06:

 

Hallo Ricard,

Danke!

Woher hast Du die Infos? aus o.g. Buch?

Gruß
Tobias



Geschrieben von Ricard am 25.03.2010 um 23:38:

 

Hallo, Tobias,

Quelle für die letzte Info (hatte ich vergessen):
Zwangsarbeitende im Landkreis Harburg 1939-1945
von Katharina Hoffmann und Michael Kreidner

Möchtest Du weitere Infos aus dem Buch, dann schicke bitte eine E-Mail.

Gruß Ricard



Geschrieben von 34. ID am 26.03.2010 um 08:29:

 

Hallo zusammen,

hier mal ein Aufsatz zum Thema

"Zwangsarbeitereinsatz im Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz. Die bürokratische Dokumentation und ihr Verbleib"

http://www.regionalgeschichte.net/hauptportal/bibliothek/texte/aufsaetze/rummel-zwangsarbeitereinsatz.html

Nach Kriegsende haben die einzelnen Länder Kommisionen nach Deutschland entsandt. Diese haben sämtliche Unterlagen betreffend
Zwangsarbeiter ihrer eigenen Nationalität eingesammelt und mit zurück genommen.
In den örtlichen Archiven ist somit in der Regel nicht mehr viel vorhanden.
Für einen franz. Zwangsarbeiter wäre wohl Frankreich die richtige Anlaufstelle.

Grüße
Sören



Geschrieben von 34. ID am 26.03.2010 um 08:47:

 

Hallo nochmal

Als ersten Einstieg empfehle ich das Buch:

"Das nationalsozialistische Lagersystem" von Weinmann

Es enthält die seinerzeit erstellte Auflistung vieler Lager in Deutschland.
Das Register findet sich hier online:

http://www.zweitausendeins.de/cmsImgDB/ZA.pdf

Über den Einsatzort erhält man hier erste Anhaltspunkte über Lagertyp, Lagergröße und eventuell bei welchen Firmen der Einsatz erfolgt ist.

Ist der link schon bekannt?:

http://www.cegesoma.be/cms/index_en.php

Hierbei handelt es sich um ein belgisches Archiv.
Hier mal ein Beispiel, welche Art Unterlagen dort gelagert werden:

http://www.cegesoma.be/docs/Invent/Micro...micMVG_vol4.pdf

Häufig natürlich nur bezogen auf belgische Staatsbürger. Aber etwas ähnliches müsste es auch für Frankreich geben.

Hier noch eine weitere Anlaufstelle:

http://www.its-arolsen.org

Grüße
Sören


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