Geschrieben von Rocky am 17.11.2014 um 18:37:
...da die Links oben nicht mehr funktionieren, hier der Bericht nochmal:
"Hier der Text zu unserem Besuch in Perewalsk, wie auch in anderen Foren zum gleichen Thema von mir eingestellt.
Mein Großvater kam nicht aus der Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion zurück. Er starb am 16.10.1945.
Er war 1939 zu dem Luftgau-Nachrichten-Regiment 4 einberufen wurden. Bei Kriegsende war er Stabsgefreiter in der 10. Panzer-Grenadier-Division und als Fahrer tätig.
Zu DDR-Zeiten wußte unsere Familie nicht viel über den Kriegsdienst und den Tot unseres Opas. Erst spät bekamen wir als Totestag den 18.10.1945 mitgeteilt.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands recherchierten wir erneut beim Deutschen Roten Kreuz. Später auch beim Volksbund für Kriegsgräberfürsorge, der Deutsche Dienststelle WASt (Wehrmachtauskunftstelle) sowie den Botschaften Russlands und der Ukraine in Deutschland. Wir glichen die erhaltenen Informationen ab, erstellten Listen um Differenzen aufzudecken und klärten die Informationen mehrmals erneut mit den genannten Institutionen ab.
Die Zusammenarbeit mit allen genannten Institutionen war übrigens sehr gut.
Heute liegen uns Informationen über die Einheiten und Verwendung unseres Großvaters im 2. Weltkrieg vor. Wir haben Kopien der sowjetischen Gefangenakte und dem sowjetische Totenschein sowie deren Übersetzungen durch einen befreundeten Fachübersetzer.
Nach diesen Unterlagen verstarb unser Opa am 16.10.1945 im Alter von 31 Jahren an Dystrophie. Er ist also verhungert. Dies im Spezialhospital 5929 in Pakomuna. Beigesetzt ist unser Opa in Pakomuna auf dem Kriegsgefangenenfriedhof Quadrat 5 Grab1.
Intensive Recherchen im
www. und dort insbesondere im
www.forumromanum.de ergab folgende Informationen zum Kriegsgefangenenfriedhof des Spezialhospitals 5929 in Pakomuna:
„Der Friedhof besteht zwar noch, ist aber Brachland und es sind lt. Angaben keine Grabhügel mehr erkennbar. Angeblich wurde dieser Friedhof in seinen Grenzen neu vermessen, um eine grobe Bestimmung der Gräber machen zu können. Auf diesem Friedhof wurden 1831 Kriegsgefangene in Einzelgräbern bestattet.“
"Der ehemalige Kriegsgefangenenfriedhof befindet sich in Perewalsk, Rajon Perewalsk, Lugansker Gebiet, ungefähr 500 m entfernt von der Ruine eines Ziegelwerkes, 15m vom Zivilfriedhof entfernt und 600m vom alten Stadtkrankenhaus. Der Friedhof ist auf einem Feld, äußere Anzeichen eines Friedhofes sind nicht erkennbar. Der Friedhof ist ungepflegt und auf diesem Platz liegt Brachfeld." "500m weit von der zerstörten Ziegelfabrik, 600m nordöstlich von dem alten Stadtkrankenhaus, südöstlich von dem öffentlichen Friedhof. Der Friedhof ist ungepflegt und auf diesem Platz liegt Brachfeld. "
Nachdem wir bis 1990 Osteuropa meist mit Kraxe bereist haben, haben wir seit 1990 West- und Nordeuropa sowie Nordafrika mit dem Geländewagen und 4x4-Womo bereist.
Nun zieht es uns seit einigen Jahren wieder nach Osteuropa. Wir waren 1999 wieder mal in RO, 2003 und folgend in den baltischen Staaten, 2005 in RUS, 2008 mit dem sich entwickelndem Flugwesen (nach Michail Sostschenko) in Moskau und jetzt sollte es in die Ukraine gehen. Wir wollten das Land kennenlernen, unserem Sohn den Sinn des Russischunterrichts in der Schule näher bringen und in Perewalsk die Grablage unseres Großvaters aufsuchen.
Also haben wir im Juni/Juli 2010 in unserem Urlaub eine dreiwöchige Rundreise durch die Ukraine gemacht. Die Strecke verlief von Leipzig über Lemberg weiter nach Kiew, Dniprpetrowsk, Donezk, Perewalsk, Mariupol, Feodosia und über Sewastopol wieder zurück nach Leipzig. Wir sind in diesem Urlaub ca. 6.500km gefahren, davon ca. 4.500km in der UA auf teils grausam schlechten Straßen und je 1.000km für die An- und Abreise.
...
Die Anfahrt nach Perewalsk verlief über Krakau, Lemberg (Lvov/Lviv), Kiew, Dniprpetrowsk und Donezk. In Perewalsk hatte wir den Eindruck, daß nur ca. alle 10 Jahre ein Ausländer von außerhalb der ehemaligen Sowjetunion diesen Ort aufsucht. Alle sahen uns und unser Fahrzeug mit großen erstaunten Augen an und verdrehten ihre Köpfe. Wir suchten nach dem Krankenhaus, dem Friedhof und der naheliegenden Schachtanlage und fanden diese.
Zu den Informationen im Internet zur Grablage des Kriegsgefangenenfriedhofes des Spezialhospitals 5929 in Pakomuna kann folgendes gesagt werden:
Ein Ziegelwerk oder dessen Ruinen konnte nicht verifiziert werden.
Das Stadtkrankenhaus und der zivile / öffentliche Friedhof existieren nah beieinander. Der zivile Friedhof befindet sich einige hundert Meter östlich des Krankenhauses.
Vielleicht 600m nordöstlich vom Krankenhaus befindet sich Brachland an einem steileren Hang nördlich des öffentlichen Friedhofs.
Südöstlich von dem öffentlichen Friedhof befindet sich Brachland in flacher Hanglage zwischen zivilem / öffentlichem Friedhof, Bachlauf und Wohngrundstücken.
Wir sind vom Krankenhaustor ostwärts zum öffentlichen Friedhof gefahren. Vor dem westlichen Anfang des Friedhofs befindet sich links eine kleinere Stauanlage. Der Bach daraus fließt zuerst nach Süden und verzweigt sich dann. Ein Bachlauf zieht sich dann nach Osten.
Der Friedhof befindet sich zwischen der nördlichen Straße, dem südwestlichen Bachlauf und der süd-/ südöstlichen Brachfläche, welche sich nördlich vom weiteren Bachlauf befindet. Im Osten grenzt die Brachfläche an mit kleinen Einfamilienhäusern bebaute Grundstücke. Der Friedhof verfügt über keinerlei Umzäunung. Durch den Friedhof führen Feldwege.
Die Brachfläche ist zum Bach leicht abschüssig. Sie ist mit Wildgräsern und kleinen Bäumen sowie Büschen bewachsen. An 2 Stellen waren kleine Abfallplätze für verbrauchte Friedhofsdekoration zu sehen.
Südlich vom Bach befindet sich ein Hang mit kleinem Wald.
An der süd-südöstlichen Grenze des öffentlichen Friedhofs war zu erkennen, daß neue Grabanlagen unter Nutzung der Hanglage nur mit geringen Aushubarbeiten angelegt werden, indem man aufschüttet. Daher ist davon auszugehen, daß evtl. sich darunter befindliche ca. 65 Jahre alte Gräber einfach überbaut werden.
Ein Anwohner und ein Friedhofsbesucher beäugten uns aus ca. 20m Entfernung sehr skeptisch. Das ist aber wohl verständlich, man stelle sich vor, Ausländer mit einem ungewöhnlichen Fahrzeug würden in Deutschland um einen Friedhof rumschnarchen.
Wir haben an einem Baum einen kleinen Kunststoffkranz mit Schleife und den Daten unseres Opas angebracht.
Zusammenfassen kann gesagt werde, daß es mir die Fahrt nach Perewalsk wert war. Ein schwer beschreibbares Gefühl erfasste mich, vielleicht war es eine Art innerer Frieden. Auch etwas Schuld.
In vielen Orten stehen Panzer, Geschütze oder Fahrzeuge auf Sockeln. Diese Denkmäler sind gepflegt und auch heute legen noch Brautpaare und Andere regelmäßig Blumen und Kränze nieder. Viele neue Transparente erinnerten an den Sieg der Sowjetunion über Hitlerdeutschland vor 65 Jahren.
Ich kann nur jedem empfehlen, selbst nach der Grabanlage seines Verwandten zu suchen. Man muß ja nicht gleich mit Familie und 4x4-Wohnmobil hinfahren. Verschiedene Organisationen bieten entsprechende Reisen an. Oder man recherchiert Flüge, Hotels und Mietwagen und bucht diese dann in einem auf GUS-Reisen spezialisiertem Reisebüro. In der Ukraine findet man auch überall gute preiswerte Hotels und Restaurants. Als Mietwagen ist ein SUV empfehlenswert.
Und man sollte die Erwartungen ganz klein halten."
Gruß
Rocky