Dienstunfähig |
Maria unregistriert
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Hallo liebe Helfer,
die Wast schreibt uns, dass unser Opa im Januar 1944 "dienstunfähig aus der Wehrmacht entlassen wurde"
Die letzte Eintragung ist vom September 1943:
Kriegslazarett Slonim, dort ist ihm nach Gewehrschuss der linke Zeigefinger amputiert worden.
Könnte das der Grund der Entlassung gewesen sein? Leider weiß die Familie nichts.
Liebe Grüße
Maria
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31.10.2008 20:32 |
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Maria unregistriert
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Hallo Rudolf,
danke für deine Antwort und dem Hinweis der „sanitätsdienstlichen Vorschriften“.
Personalmangel ja, aber vielleicht haben die Ärzte auch nach Sympathie (?) die Dienstunfähigkeit bescheinigt. Mein
Opa hatte zu diesem Zeitpunkt drei kleine Kinder.
Viele Grüße
Maria
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01.11.2008 18:19 |
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weers unregistriert
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...unabhängig davon ist der Zeigefinger der linken Hand derjenige, mit dem man "abdrückt". Ein Gewehr konnte er nach der Amputation wohl kaum noch bedienen.
Gruß,
Arnold
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02.11.2008 09:36 |
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weers unregistriert
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Hallo Rudolf: Stimmt
Hatte von mir auf andere geschlossen...
Gruß,
Arnold
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02.11.2008 10:10 |
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Maria unregistriert
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Hallo liebe Forumsteilnehmer,
danke für die interessanten Thesen... Mein Opa hatte es wohl mit den Händen, lt. Wast:
- Geschoss Splitter recht Hand
- Durchschuss linke Hand
- Amputation linker Zeigefinger nach Gewehrschuss
Er war Rechtshänder. Mein Vater meint, er wäre nicht der Typ gewesen sich selbst zu verstümmeln. Aber wer kann schon in einen Menschen hineinschauen nach 4 Jahren an der Front.
Leider ist das Krankenbuchlager ja geschlossen. Habt ihr Ideen an wen ich noch schreiben könnte, oder einfach noch warten? Es gab doch eine Petition...
Viele Grüße
Maria
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02.11.2008 16:37 |
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Jürgen Fritsche
König
Dabei seit: 28.12.2006
Beiträge: 1.272
Herkunft: Heusenstamm
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Zitat: |
Original von dr.rudolf
Ich bewundere Dich, denn ICH traue mir eine derartige Aussage (nur nach "Aktenlage") nicht zu. |
Hallo Rudolf,
diese Bewunderung ist völlig unnötig
denn meine "Sicherheit" ist doch mit etwas Nachdenken ganz einfach nachzuvollziehen:
Gerade diese Art der Verwundung hätte und hat damals auf jeden Fall Untersuchungen der Militärjustiz nach sich gezogen. Von rechtlichen Folgen ist uns aus Marias Schilderungen nichts bekannt, im Gegenteil, die Familie wußte nichts weiter über ihn:
Zitat: |
Original von Maria
[QUOTE]Könnte das der Grund der Entlassung gewesen sein? Leider weiß die Familie nichts. |
Wäre jedoch im ersten Anschein auch nur ansatzweise ein anfänglicher Mindestverdacht auf Selbstverstümmelung hervorgerufen worden, wären weitere, strenge Untersuchungen gefolgt, und bei weiter bestehendem und sich vertiefenden Verdacht gegen Marias Großvater auf jeden Fall Anklage nach Militärstrafrecht erhoben worden. Er hätte in militärischer Untersuchungshaft gesessen und ein (kurzer) Prozeß mit Pflichtverteidiger (wegen drohender Todesstrafe) wäre eröffnet worden. Daß er dann noch unbeschadet aus der Sache herausgekommen wäre, und sei es auch nur mit Zweifeln an seiner Schuld, ist nach damaligem Rechtsverständnis und Rechtsanwendung (Präzedenzfälle, Abschreckung!) und angesichts 30.000 verhängter Toderurteile durch die NS-Militärgerichtsbarkeit absolut unwahrscheinlich. Er wäre, wie auch 23.000 weitere Fälle endeten, zur Todesstrafe verurteilt worden. Darüber gäbe es auch einschlägige Akten.
Daß davon die Familie letztlich nichts mitbekommen haben soll, ist undenkbar, und Marias Großvater ist ja schließlich entlassen worden und wurde nicht zum Tode verurteilt, sondern hat das Ganze überlebt.
Also bleibt doch nur, eine normale Verwundung (Krankennachweisnummer 31: Verwundungen und Erkrankungen durch Feindeinwirkung) anzunehmen - auch wenn anderes (Krankennachweisnummer 34: Schädigungen durch Unfall (ausgenommen Feindeinwirkung) und Selbstverletzung) vielleicht aufsehenerregender wäre.
Daß Marias Großvater aber aus der Wehrmacht als dienstunfähig (bzw. wehruntauglich, w.u.) entlassen worden war, ist jedoch unter den damaligen Bedingungen vielleicht eher "großzügig", denn mit dem Verlust des linken Zeigefingers wäre er als Rechtshänder durchaus nach Gruppe L bedingt kriegsverwendungsfähig (bed.k.v.) gewesen, oder zumindest noch als arbeitsverwendungsfähig (a.v.) zumindest der Gruppe "U" zugewiesen worden. Möglicherweise aber wurde auch noch eine erhebliche psychische Belastung oder weitere, aus der Verwundung resultierende Komplikationen entsprechend berücksichtigt:
Gruppen A und B: kriegsverwendungsfähig (k.v.)
Gruppe Z: zeitlich untauglich (z.u.)
Gruppe L: bedingt kriegsverwendungsfähig (bed.k.v.)
Gruppe U: arbeitsverwendungsfähig (a.v.)
Gruppe vU: wehruntauglich (w.u.)
"Sanitätsdienstliche Vorschriften" jedoch kamen hier wohl erst zu aller Letzt zur Anwendung, da, wie oben erwähnt, vorher erst alle mögliche Tatbestände aus strafrechtlicher Sicht betrachtet wurden. Die ärztliche Einstufung als "wehruntauglich" war dann nur noch abschließende Formalie ...
__________________ Viele Grüße,
Jürgen
(Aktives Banner, bitte anklicken ...)
Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Jürgen Fritsche: 02.11.2008 18:44.
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02.11.2008 18:41 |
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